16. Tag: Von Varel nach Bremerhaven
Ein wunderbarer Tag. Alles inklusive. Fahren am Meer. Meditatives Zen-Radeln. Fähre und Kultur. Was will man mehr.
An der Fähre nach Bremerhaven habe ich auch erfahren, wie man Varel richtig ausspricht. Die netten Mitwartenden konnten mich erst einmal nicht verstehen von wo ich heute losgefahren bin. "Ffarrell!" "Ach so, danke, mit meinem Warell kann mich ja keiner verstehen, danke!"
Es hat gedauert, bis ich von Farrell endlich an den Jadebusen gekommen bin. Aber es hat geklappt. Sogar die Jademündung habe ich gesehen und das Mündungsschöpfwerk Jade/Wapel
Das Wapeler Siel war heute Morgen traumhaft. Selten so viele Vögel gesehen wie heute. Uferschwalben/Seeschwalben(?), Möwen, aber auch ganz viele Stare, Distelfinken, Austernfischer, Strandläufer, Uferschnepfen, - ein Gewusel unglaublich.
Schon im 17. Jahrhundert wird der Küstenschütz intensiv betrieben. In diesem Küstenabschnitt aber häufig vergeblich. Die Dämme wurden mit Klei aufgeworfen -
Als Klei
bezeichnet man entwässerten Schlick, ein extrem feines, marines
Sediment, dessen Körnung bis in den tonigen Bereich reichen kann. (Wikipedia)
und welches sehr schwer ist. Die Dämme sackten teilweise bis zu 8m in den Moorboden ein, so dass nur noch ein 1 m hoher Damm übrig blieb.
Dabei ist das schwimmende Moor, - weltweit das einzige Außendammmoor - schon für sich eine Art Küstenschutz gewesen. Bei Sturmfluten hebt sich das Moor, mitsamt seinem Bewuchs, sogar früher mit Brunnen und Häusern an und "schwimmt". Heute wird das Hinterland und der Damm mit Spundwänden gesichert, d.h. der Mensch musste mal wieder die "Natur retten". Als hätte es vorher nicht von selbst funktioniert. Bzw. Küsten verändern sich ständig. Nur der Mensch, wenn er seine Häuser und Höfe irgendwo hinbaut, mag solche Veränderungen nicht.
Küstenveränderungen zulassen, könnte ein gutes Konzept sein, - vorausgesetzt man ist bereit umzudenken.
Nach dem Schwimmenden Moor beginnt wieder eine längere Strecke für die Fahrrad-Mediation. Kühe links, Windräder rechts, Windräder rechts und Kühe, Windräder links und Pferde....
Immer leichte Unterstützung seitlich von hinten. Ich bin unglaublich schnell in Blexen.
Viel Zeit für Stadterkundung. Ich war ja schon einmal in Bremerhaven, allerdings etwas außerhalb und hatte mir vorgenommen, ein andermal die Innenstadt näher zu erkunden. Was heute der Plan war.
Das Schifffahrtsmuseum, und das Klimahaus, dahinter das Atlantic Hotel Sail City, ein 4 Sterne Hotel, das sind schon die neuen Hingucker von Bremerhaven.
Und das Klimahaus musste ich mir natürlich anschauen.
2009 eröffnet, gibt es eine gewaltige Menge an Informationen zum Klimawandel. Das eigentlich spannende aber ist, die Idee, entlang des 8° 34′30 östlicher Länge, auf dem Bremerhaven liegt, eine Reise rund um den Globus zu machen. Zusammen mit den Enkeln, wäre das ein Heidenspaß gewesen. Man beginnt praktisch mit eine Zugfahrt durch Deutschland, kommt an Rottweil vorbei und erster Stopp ist die Schweiz. Toll gemachtes Infotainment zur Gletscherschmelze etc. aber auch viel einfach Unterhaltsames. Dann es über Sardinien, mit Marktplätzen und Wäscheleinen und Fiats, nach Afrika, durch die Wüste, - wirklich toll gemacht, um immer werden die Temperaturen angepasst. Man läuft durch Sand, begegnet Tuareg, lernt Menschen kennen. Alles sehr gut gemacht.
Dann gibt es Insektenwelten, Mangrovenwälder, ein etwas gruseliges Labyrinth durch den tropischen Regenwald bei Nacht, echt cool besonders für Kinder und Jugendliche.
Bis zur Antarktis, wo es wirklich richtig kalt wurde.
Ganz besonders spannend fand ich historische Aufnahmen von der Expedition von Paul Wegner auf Grönland, bei der er ums Leben gekommen ist. Diese Filme sind unglaublich, was er für die Expedition nach Grönland geschafft hat. Zig Ponies, Schlittenhunde, Propellerschlitten, die sich als komplett Ausfall erwiesen, ein Wahnsinnsaufwand. Wie er das wohl finanziert bekommen hat? Dann haben sie sich ins Eis eingebuddelt und der Plan war über Winter dort zu bleiben. Man fand ihn im nächsten Frühjahr auf seinem Schlafsack - tot!
Das Klimahaus hat sich tatsächlich gelohnt, obwohl ich anfangs etwas zögerlich war, den das ganze Umfeld und der etwas protzig ausgefallene Bau haben mich ursprünglich eher abgehalten. Vor allem, dass es mit einem unglaublich geschmacklosen Outlet kombiniert ist.
In einem an das Klimahaus angrenzenden Komplex haben sie eine Fake Ladenstraße im italienischen Stil mit Straßenlaternen und Brunnen und allem erdenklichen Kitsch inszeniert um dort genau das zu zelebrieren, was dann Nebenan beklagt wird. Marco Polo, H&M und wie sie alle heißen und unser grenzenloser Konsum sind ja schließlich Schuld an der ganzen Misere. Drei Stunden Aufklärung und neben an ein neues T-Shirt kaufen, weil es so einen lustigen Aufdruck hat. Das macht für mich keinen Sinn!!
Die Innenstadt von Bremerhaven ist auch nur eine einzige hässliche Konsummeile. Klar, Bremerhaven ist im II.WK zum großen Teil zerstört worden, und anderswo ist der sogenannte Wiederaufbau auch nicht geglückt. Aber Bremerhaven Zentrum ist schon besonders deprimierend.
1896 hat ein in den USA reich gewordener Mäzen Bremen diese Skulptur des Jugendstilbilhauers Habich gestiftet, die in einem Park aufgestellt war. Im 1.Weltkrieg wurde das Denkmal für Kanonen eingeschmolzen.
In Darmstadt ist eine Gipsmodell erhalten geblieben, so dass man 1978 eine 2. Skulptur herstellen konnte, die jetzt auf der Rampe zur Fußgängerbrücke, völlig deplatziert rumsteht. Dass Kolumbus, dem Columbus Center verärgert den Rücken zukehrt ist nur allzu verständlich. Aber was er vor sich sieht, scheint ihm auch nicht zu gefallen
Eigentlich wollte ich mir heute wieder ein Rätsel ausdenken, aber gerade bekomme ich die Nachricht, dass meine Fähre Morgen von Cuxhaven, wegen widriger Windverhältnisse nicht in Brunsbüttel anlanden kann.
Da muss ich mir jetzt ganz schnell eine andere Alternative ausdenken und meine Unterkunft in Brunsbüttel, zum 3.Mal canceln. Ich denke ich werde es über Glückstadt versuchen.
Sorry, deshalb heute in der Rätselecke nur die Auflösung von gestern:
Herr S. aus E. hat wie immer sehr genau recherchiert, hier seine Antwort:
Das ist ein HISTORISCHes Relief (1660) an der Großen Kirche in Emden mit dem
„Schepken Christy“
(„Schiffchen Christi“)
und der Inschrift:
„Godts kerck, vervolgt, verdreven, heft Godt hyr trost gegeven“
(„Der Kirche Gottes, verfolgt, vertrieben, hat Gott hier Trost gegeben.“)
HEUTE ist das Segelschiff mit der Inschrift das Siegel der Evangelisch-reformierten Kirche.
Ich werde Euch auf dem Laufenden halten, wie meine Umplanungen verliefen. Schaut einfach Morgen wieder vorbei!
Eine geruhsame Nacht!
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