12 Juli 2025

14.Tag: Von Delfzijl nach Aurich




Nach den annähernd 80 km war für heute eine Halbetappe geplant. Mit der Fähre nach Emden und dann noch 40 km bis Aurich.

Das sollte gemütlich werden. War es auch. Allerdings haben wir - etwa 30 Radfahrer recht lange auf die Fähre gewartet. Aber sie kam.


Erstaunlich klein, die Fähre! Aber wir kamen alle mit. 




Der Wind ist heute ähnlich stark wie gestern, von der Seite, das wird deutlich, als wir aus dem Schutz von Eeemshaven raus sind 
da schaukelt das Boot gewaltig. Eemshaven ist eine künstliche Insel vor Delfzijl. Eigens als Vogelbrut- und Schutzgebiet für Zugvögel angelegt. Allem Anschein nach sehr erfolgreich. Die größte Küstenseeschwalbenkolonie der Niederlande brütet seit einiger Zeit auf der Insel. Ich habe tatsächlich  Vögel gesehen, die ich nicht richtig zuordnen konnte.

Die üble Schaukelei dauert nicht länger als 10 min, dann hat der Wind etwas nachgelassen.



Bei der Einfahrt in den Hafen von Emden sieht man die riesigen Parkflächen von VW, komplett voll. Es sieht so aus, als stockten die Exporte nach den USA. Hört man ja auch in den Nachrichten. 

Nach dem Anlegen, es ist inzwischen fast 1 Uhr, ziehen schwarze Wolken auf. Soll ich eine Runde in Emden drehen?  Und mir die Ampeln mit Otifanten anschauen? Ich entscheide mich für Losfahren und schaue mir die Otifanten im Internet an.


Und dann bin ich mir plötzlich nicht mehr sicher, ob ich wirklich schon in Deutschland bin. Das "westliche" Ostfriesland fühlt sich genau so an, wie die Tage zuvor im westlichen Friesland in Holland. Die gleichen kleinen verklinkerten Häuschen, die gleichen Entwässerungskanäle - UND- das gleiche endlose, weite, leere Land.


Die dunkle Wetterwand ist weitergezogen, aber die "flachgelegten" Schilfstreifen am Weg deuten nichts Gutes an. 11 Uhr! Das könnte auf Dauer nerven. 



Doch es stellt sich heraus, dass der Ostfriese ganz schön schlau ist. Die Radwege verlaufen zum großen Teil sehr windgeschützt, selbst an den größeren Straßen ist fast durchgehend, links von mir Baumbestand oder Buschwerk, und nur an wenigen Stelle fahre ich in die "volle Windwand". 
Aber auch dafür hat der Zenmeister des Radfahrens inzwischen seine Übung. "Kämpfe nie gegen den Wind an!! Der Wind ist stärker! Fahre einfach! Kämpfe nicht!"

Hat ganz wunderbar geklappt.

Und auch die Namen der Orte kommen mir nicht so vor als wäre ich schon in Deutschland.


und auch statt Aurich sieht man Auerk. In Ostfriesland ist übrigens die zweisprachige Beschilderung zulässig. Anscheinend sprechen noch 50% der Bevölkerung ostfriesisches Platt.

Und noch etwas habe ich erst heute über Emden erfahren. Emden ist Reformationsstadt - Europas. So jedenfalls die Schilder. 2017 zum Reformationsjubiläum hat Emden diese Auszeichnung bekommen:

Emden gehörte neben Genf und Wittenberg zu den einflussreichsten Stätten der Reformation. Grund dafür war die Bedeutung der Stadt während des spanisch- niederländischen Krieges (1568-1648), denn Emden wurde zum Zufluchtsort von Tausenden von Glaubensflüchtlingen aus den benachbarten Niederlanden. Die Anhänger des reformierten Bekenntnisses, aber auch sogenannte „Täufer“ fanden zunächst Unterschlupf und viele von ihnen letztlich eine neue Heimat in Emden.

So kam es, dass einflussreiche Reformatoren wie Johannes a Lasco, Albert Hardenberg und Menso Alting nach Emden kamen und wirkten – und der Stadt zeitweise den Beinamen „Genf des Nordens“ verlieh. 

Da hat doch meine Reise durch die Geschichte hier in Emden auch noch einen interessanten Abschluss gefunden! 

In Aurich angekommen, fängt es tatsächlich zu regnen an. Aber ich denke, ich werde nicht allzuviel verpassen, wenn ich nach einer kurzen Fahrradbesichtigung mich ins Trockene verziehe.




Der "Sous-Turm" nach dem Künstler so benannt, hat wohl die kühlen Nordlichter ganz schön in Wallung gebracht. Immerhin ist am Turm eine Tafel angebracht, die den Streit um den Turm andeutet. Henry Nannen wird zitiert:  "Der Turm in Aurich ist anstößig, und Kunst muss Anstöße geben, also anstößig sein". 

Mir hat der Turm gleich gefallen und da wusste ich noch nicht, dass der Würselener Künstler Sous den Turm aus Material vom Forschungsreaktor Jülich gebaut hat. (Hatten wir doch schon mal den Ort für den  Alkoholtest, oder? Wer Würselen nach 3 Kümmelchen noch deutlich aussprechen kann,  darf sich noch einen genehmigen. und keine Angst die heutige Rätselfrage ist nicht nach dem berühmtesten Sohn der Stadt).

Heute scheint ein Tag zu sein, an dem sich immer wieder kleine Kreise schließen. An Jülich sind wir zwar nicht vorbei gekommen, aber die nützliche Umwidmung von Atomkraftwerken konnten wir in Kalkar bewundern. Und im Anschluss wird Friederike heute ihren Blick auf unsere Reise auch noch einbringen.

Und nun zur Rätselecke:

C. aus O. und Herr S. aus E. haben die Frage nach dem Zusammenhang zwischen  Memphis und Groningen richtig erkannt.

 Wie kam Memphis nach Groningen?


"Im Dezember 1980 rief der italienische Designer Ettore Sottsass eine bunte Gesellschaft internationaler Jungdesigner zusammen: Das war die Geburtsstunde von Memphis. Die Gruppe zielte auf ungewöhnliches Design in bunten Farben, asymmetrischen Formen und einer Kombination von einfachen und kostspieligen Werkstoffen. 

Memphis war auch Favorit für Frans Haks, den damaligen Groninger Museumsdirektor (bis 1995). Alessandro Mendini, der schon für Memphis einen Entwurf beisteuerte, entwarf zehn Jahre später das Gebäude des Groninger Museum im typischen Memphis-Stil." 

Auch wenn ich mir vor vielen Jahren eine Artemide habe schenken lassen - obwohl wir damals nicht in Geld geschwommen haben, so habe ich insgesamt ein eher gespaltenes Verhältnis zu Memphis. 

Liebe C. aus O.! Da müssen wir uns mal in Ruhe unterhalten! Irgendwo wo, ganz weit hinten in meinem Design- und Kunstverständnis habe ich gegen "Form follows function" nichts einzuwenden - und ein Stuhl auf dem man nicht bequem sitzen kann ist kein Stuhl. Und Betontürmchen die wie gedrechselt aussehen .... "ein weites Feld". Aber bunt mag ich schon auch. Aber wenn ich zwischen hunterwasserbunt und memphisbunt wählen müsste, würde ich mich für Hundertwasser entscheiden- seine Philosphie liegt mir näher.

Und nun die Rätselfrage für heute:



Wo steht der schiefste Kirchturm Deutschlands und wieviel Prozent Neigung hat er? 

"Schaurich, schaurich heulen die Eulen in Aurich."

Ich werde Euch Morgen berichten, ob das wirklich stimmt!

Bis dann!


Und nun aus Engen, Friederikes Schlussbericht:


So, nun gibt’s von mir, wie jedes Jahr auch noch ein Resümee von Meiner Windrosenwundertour:

Da war die Hitze die ersten Tage, aber dafür unerwartet gute Bademöglichkeiten im richtigen Moment. Am schönsten war das Bad in der kühlen, munteren Lippe.

Da waren die guten Radwege, übersichtlich ausgeschildert (Geheimtipp Lippe Radweg!) und sehr oft im Schatten. Auch am Rhein entlang sehr schöne Strecken.

So viele große Buchen, Eichen, Robinien und Linden, die noch blühen und so wunderbar duften.

Immer wieder diese verblüffende Nähe zum Ruhrgebiet, Schlote und Kräne und Bergbauruinen, schön von weitem, so wie ich es mag.

Der Römerpark in Xanten, super interessant.

Verblüffende Begegnungen mit unserer links-alternativen Vergangenheit in Kalkar beim Schnellen Brüter Vergnügungspark.

Schöne/witzige Begegnung mit den Kolumbianern.

Holland, Kanäle, die freundlichen Gastgeber*innen, sehr schöne Unterkünfte, viele viele Radfahrer*innen die an der Ampel gleichzeitig starten und zielstrebig in verschiedene Richtungen abbiegen.

So hätte es gerne weitergehen können, aber nicht für mich, leider. Bin aber gut zuhause angekommen, gut um- und versorgt und:

„Et kütt wie et kütt“. (danke liebe Bärbel für die Korrektur, ist ja auch schwer zu schreiben, von aussprechen reden wir lieber nicht) Drückt mir die Daumen, dass auch dieser Spruch sich bewahrheitet: „Et hät noch immer jood jejange“. Ich bin zuversichtlich und wünsche dem Manne weiterhin gute, schöne (und gesunde!!!) Fahrt!

Reiseleitung, Organisation und Ersthilfe waren übrigens super!

Eine wunderschöne Tour, Windrosen-wunderschön!






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